Zukunft Strom |
Dr. Wolfgang Brune, 2014 |
Es ist keineswegs müßig, sich
Gedanken um die weitere Zukunft des
Energieträgers elektrischer Strom zu machen. Strom ist zwar
Höhepunkt der
Entwicklung der Energiewirtschaft, stellt jedoch voraussichtlich nicht
ihr Ende
dar. Und alle
Veränderungen, die man
in der Energiewirtschaft vornehmen muss oder will, erfordern in der
Regel
relativ lange Zeitspannen und einen hohen Kapitalaufwand. Notwendige
Entscheidungen
sollten daher rechtzeitig getroffen werden. 1 Gibt es etwas Besseres als den elektrischen Strom? Der
elektrische Strom ist das Beste, das die Energiewirtschaft bisher
hervorgebracht
hat. Er erfüllt so gut wie alle Anforderungen, die gewerblich
und auch im
persönlichen Leben an einen Energieträger gestellt
werden müssen. Er ist immer
und fast überall verfügbar. Er ist
außerordentlich vielfältig nutzbar und
verhält sich spielend leicht bei der Anwendung. Wenn richtig
gehandhabt, ist er
sicher und umweltfreundlich bei der Nutzung. Was will man mehr? Wenn da
nicht die
fehlende direkte großtechnische Stromspeicherung
wäre, eigentlich nichts.
Leider kann man jedoch so keinen Stromvorrat anlegen –
für den Ausgleich von
Verbrauchsschwankungen und für
Notfälle. Gesetzt,
dieser Speichermangel sei sozusagen ein naturgegebener Geburtsfehler
und nicht
behebbar. Dann würde sich doch – trotz aller smarten
Netzsteuerung – ein
Nachfolge-Energieträger objektiv ins Spiel bringen. Was
können theoretische
Überlegungen dazu aussagen? 2 Energie als Produktionsfaktor Allgemein
ist
Energie, darunter auch der elektrische Strom, ein grundlegender
Produktionsfaktor. Er ist damit integraler Bestandteil des
Transformationsoperators T, der die
Umwandlung von Material M
in das Produkt P
beschreibt. Das gilt für
jeden einzelnen Produktionsprozess und für einen
Wirtschaftsorganismus,
beispielsweise eine Volkswirtschaft, im Ganzen. Symbolisch sei
das wie folgt
ausgedrückt: T
M
= P
Der Transformationsoperator
beschreibt das Zusammenwirken der beiden elementaren
Produktionsfaktoren, der
Arbeit und des (Sach-)Kapitals, bei der Umwandlung des
Materials in das
Produkt. Er enthält damit heute eine Arbeitsfunktion,
eine Werkzeugfunktion und
eine Energiefunktion. Am Anfang der globalen wirtschaftlichen
Evolution waren
diese Funktionen im elementaren Faktor Arbeit vereint, gemeinsam mit
der
Nutzung von Naturenergien wie der Sonne und ihren Derivaten, dem Wind
und der
Kraft fließenden Wassers sowie der Verbrennung von
Biomasse. Im weiteren
Verlauf der globalen wirtschaftlichen Evolution hat sich ein
schrittweiser
Übergang von der Arbeit zum Kapital vollzogen, verbunden mit
der Aufspaltung
des Kapitals in den Kapitalstock und die Nutzenergie. Die
wirtschaftliche
Nutzenergie wandelte sich dabei immer mehr von der Naturenergie hin zu
erwirtschafteten Energieträgern, wegen
höherer Energiedichte und besserer
Verfügbarkeit. Gegen Ende der globalen wirtschaftlichen
Evolution, also in der
Zeit, die vor uns liegt, wird sich der Übergang von Arbeit zu
Kapital fast
vollständig vollzogen haben. In der gleichen Zeit wird der
Anteil Nutzenergie
am Kapital etwa 0,25, der Anteil Kapitalstock demzufolge etwa 0,75
betragen [1]. Dass
die Nutzenergie einen so hohen
Anteil am Kapital erreichen wird, hat gewiss etwas mit der umfassenden
Nutzung
des elektrischen Stroms zu tun. Mancher Produktionsprozess kommt
überhaupt nur
durch Einsatz von Elektroenergie zustande. Energie
erweist sich folglich heute und in naher Zukunft als ein
unverzichtbarer
Produktionsfaktor, auf den ein wesentlicher Teil wirtschaftlicher
Wertschöpfung
entfällt. Das trifft insbesondere auch auf den elektrischen
Strom zu, dessen
wirtschaftliche Vorteile, selbst bei einer notwendigen
Energieträgeränderung,
voll erhalten bleiben müssen.
3
Langzeitinvarianz und periodische Schwankungen der
Energieintensität der
Wirtschaft Energiewende ist heute ein
Wort, das in aller Munde ist. Die Einen verbinden damit die Hoffnung
auf eine
problemlose künftige Energienutzung, Andere sehen in ihr eine
unzulässige
Belastung der Wirtschaft. Wie auch immer, Energiewenden gab es schon
häufig in
der wirtschaftlichen Vergangenheit, und es wurde auch hier, s. o., eine
neue in
der Zukunft als voraussichtlich unvermeidlich angekündigt. Was ist eine Energiewende? Ganz
allgemein: wenn sich die Richtung der
Energieintensität der Wirtschaft ändert.
Also, wenn einmal etwas weniger, einmal etwas mehr spezifische Energie
aufgewendet werden muss, um eine Einheit
Wirtschaftsprodukt herzustellen. Das
impliziert jedoch, dass der spezifische Energieaufwand nicht
durchgängig nur
abnehmen (oder auch nur zunehmen) kann. Im Mittel bleibt die
Energieintensität
der Wirtschaft immer gleich. Immer wird im Durchschnitt die gleiche
Menge
spezifische Energie aufgewendet, um eine Einheit Wirtschaftsprodukt
herzustellen
– über den Verlauf der gesamten
wirtschaftlichen Evolution hinweg. Die
Energieintensität
schwankt in einer regelmäßigen Abfolge um
diesen mittleren Wert. Jedes Mal,
wenn eine Richtungsumkehr einsetzt, ändert sich
qualitativ oder quantitativ
die Nutzung charakteristischer
Energieträger. In historischer Sicht ragen die
Energieträger Dampf und Strom heraus. Für die Zukunft
ist noch einmal ein
solcher großer Einschnitt zu erwarten – jedoch in
sehr grober zeitlicher Abschätzung
erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, keineswegs
heute. Diese
Energiewende wird dann also voraussichtlich die heutige
charakteristische
Energie, den elektrischen Strom, ablösen.
Voraussichtlich durch einen Energieträger,
der speicherbar ist. Allerdings ohne die wirtschaftlichen Vorteile des
Stroms
aufzugeben. Wie könnte das gehen? Der Strom wird nicht
ersetzt, fliegt also
nicht heraus aus dem wirtschaftlichen Energiemix, sondern
verändert lediglich
seine wirtschaftliche Stellung in der Energieträgerfolge
(„Energieverschiebung“). Die
Energieintensität der Wirtschaft I(t)
kann formal durch die folgende Gleichung gekennzeichnet werden: I(t) = E(t)/Y(t)
mit
E(t)
– gesamter Endenergieverbrauch im Zeitraum t
Y(t) – erwirtschaftetes
Sozialprodukt im Zeitraum t Um ein
Gefühl
dafür zu bekommen, in welcher Größenordnung
sich diese Energieintensität im
Verlauf der globalen wirtschaftlichen Evolution bewegt, kann man grob
einen
Wert von etwa 1 kWh je US-$ abschätzen [1].
Entscheidend ist jedoch nicht ein solcher absoluter
Wert, sondern der Umstand, dass die Energieintensität
während des gesamten
Verlaufs der globalen wirtschaftlichen Evolution
annähernd bei einem solchen
invarianten Wert verharrt. Das heißt, es besteht
zwischen
Energieverbrauch und Wirtschaftsergebnis eine
annähernd proportionale
Beziehung. Wer folglich, grob gesprochen, ein höheres Ergebnis
erwirtschaften
will, muss entsprechend mehr Energie einsetzen. Das ist eine
unerbittliche
Bedingung, die anzuerkennen Manchem ziemlich schwer fällt. 4 Charakteristische Energie und
Energieverschiebung Abgesehen
von
den quantitativen Verhältnissen beim wirtschaftlichen
Energieeinsatz spielt
die Art der einsetzbaren Energieträger im Verlauf der
wirtschaftlichen
Evolution eine entscheidende Rolle. Sie ändert sich in einer
charakteristischen
Weise. War sehr lange Zeit die Muskelkraft
von Mensch (und Tier) der alles entscheidende Energieträger,
wurde sie später,
wie schon oben gesagt, vom Dampf
und
danach vom elektrischen Strom
abgelöst. Damit wurden eine Vervielfachung der in der
Wirtschaft einsetzbaren Kraft
und danach eine erhebliche Diversifizierung der Art, des Ortes und der
Zeit des
Energieeinsatzes ermöglicht. Es gab in jeder Entwicklungsphase
einen
charakteristischen Energieträger, der die Wirtschaft
bestimmte – nicht durch
die absolute Menge seines Einsatzes, sondern vor allem durch die
jeweils
qualitativ neuen Möglichkeiten, die er dem
Wirtschaften eröffnete. Charakteristische
Energie – dabei handelt es sich in keinem Fall um eine
Primärenergie, sondern
immer um eine Sekundärenergie (oder noch um eine
Stufe höher in der
Energieumwandlungskette), also um eine erwirtschaftete Energie. Das
gilt
durchaus auch für die Muskelkraft, soweit man sich von
urgemeindlichen
Lebensformen verabschiedet hatte (Sklaven,
Leibeigene, Lohnarbeiter). Genau genommen,
handelt es sich auch gar nicht um eine einzelne charakteristische
Energie
(Muskelkraft, Dampf, Strom), sondern immer um eine
Energieträgerfolge im
Bereich der Sekundärenergien, in der die charakteristische
Energie eine
bestimmte zentrale Funktion einnimmt – und damit verbunden um
ein
charakteristisches Umwandlungsgerät, das
gewissermaßen eine technische
Schlüsselerfindung bildet. Am Beispiel des Dampfes ergibt sich: …(bewirtschaftete)
Muskelkraft (als
Hilfsenergie bei Holzeinschlag und -aufbereitung,
Kohlebergbau, Kesselbefeuerung)
– Dampf –
Dampfmaschine – (räumlich
eng begrenzte) Kraftverteilung mittels Transmissionsriemen… Beim elektrischen Strom
sieht die Folge so aus: …Dampferzeuger –
Dampfturbine mit Generator – elektrischer
Strom – Elektromotor (und vielfältige
weitere Stromanwendungen), räumlich
ausgedehnt durch ein großflächiges
Verbundnetz… Auffällig ist, dass sich
der Dampf dann, wenn der elektrische Strom zur neuen charakteristischen
Energie
geworden ist, zur Hilfsenergie für ihn gewandelt hat. Damit
bleibt er der
Energiewirtschaft nicht nur weiterhin erhalten, sondern
vergrößert, sozusagen
ganz nebenbei, seine wirtschaftliche Bedeutung. Analog muss man sich die
Situation vorstellen, die sich bei der Ablösung des
elektrischen Stroms als
charakteristische Energie ergeben wird: …Stromgewinnung aus
schnell bewegten elektrischen Ladungsträgern –
Elektrolyse – Wasserstoff(verbindung)
– Rückumwandlung
in Strom mittels Brennstoffzelle oder Motorgenerator –
vielfältige
Stromanwendungen in einem ausgedehnten regionalen
Verbundystem… Der elektrische Strom wird
hierbei zur Hilfsenergie für einen Energieträger
Wasserstoff (oder eine
wasserstoff-reiche Verbindung), der ein um die
Grundeigenschaft der
Speicherbarkeit aufgewerteter Energieträger ist und wieder
leicht in elektrischen
Strom zur Anwendung rückverwandelt werden kann. Eine so aufgebaute
Energiewirtschaft könnte schematisch etwa wie in Bild 1
dargestellt aussehen: als neuer charakteristischer Energie Auf
der linken Seite
läuft der „Sonnenprozess“ ab. Er erzeugt
schnell bewegte elektrische
Ladungsträger, vorzugsweise Protonen und/oder auch alpha-Teilchen. Ein Strom
dieser Teilchen wird aus dem Reaktor abgezogen und direkt in
elektrischen Strom
umgewandelt. Der elektrische Strom wird in ein Verbundnetz eingespeist,
zum
sofortigen Verbrauch. Ein zweiter Teil des gewonnenen Stroms
wird über eine Wasserelektrolyse
und beispielsweise eine Methanolsynthese in eine
speicherbare,
wasserstoff-reiche Substanz wie eben Methanol umgewandelt. Diese kann
kurzzeit-
und langzeit-gespeichert werden, zum Teil auch in ein Verteilernetz
eingespeist
werden. Die jederzeitige Rückumwandlung in elektrischen Strom
geschieht
mittels Brennstoffzelle oder konventionell über
Motorgeneratoren. Der
Sonnenprozess lässt sich schematisch und beispielhaft durch
folgende Fusionsreaktionen
verwirklichen: 2D + 3He
ergibt
alpha++ + p+ +
18,3 MeV 3He + 3He
ergibt
alpha++ + 2 p+
+ 12,9
MeV
1H + 11B
ergibt
3 alpha++ + 8,7 MeV In jedem
Falle sollte er in einer Endform „aneutronisch“
verlaufen, also ohne Neutronen
und ihre aktivierende Wirkung, d. h. folglich ohne
Radioaktivität zu erzeugen.
Am relativ besten wäre eine Reaktion mit He-3, was es aber auf
der Erde
praktisch nicht gibt (wohl aber auf dem Mond, als direktes Ergebnis des
dort
niedergegangenen Sonnenwinds), gegebenenfalls eben auch eine Reaktion
über Bor,
das als Rohstoff auf der Erde zur Genüge vorhanden
wäre, jedoch eine außerordentlich
hohe Prozesstemperatur erfordern würde. Schwerer
Wasserstoff (D) ist auf der Erde vorhanden. Ohne eine
gehörige Menge Energie in Form elektrischen Stroms
lässt sich eine Fusionsreaktion
nicht in Gang bringen. Die Primärenergie allein ist
unangreifbar stabil. Im Erdorbit
herrschen besonders günstige Bedingungen für die
Nutzung der Sonnenstrahlung.
Man könnte im Grunde auf täglich 24 Stunden Strahlung
zugreifen. Der Orbit
würde es auch ermöglichen, den etwa 10%igen Anteil
der UV-Strahlung der Sonne
zur Photolyse von Wasser zu nutzen. Die notwendige hohe
Prozesstemperatur
könnte voraussichtlich durch die ungestörte
Sonnenstrahlung im
Entfernungsniveau
der Erdbahn, die die Signatur der
Oberflächentemperatur der Sonne
trägt,
aufgebracht werden. Das würde
immerhin ausreichen, um die Menschheit für
sehr lange Zeit mit der
erforderlichen Primärenergie zu versorgen. Die summarische
Reaktionsgleichung für die Photolyse wäre: 2 H2O ergibt 2 H2
+ O2
delta Ho =
571,8 kJ/Mol
Auf der rechten Seite lässt sich summarisch eine
Methanolsynthese wie folgt
beschreiben: CO2 + 3 H2
ergibt CH3OH + H2O delta H0
= - 50 kJ/Mol
Die
Wasserstoffgewinnung aus der Wasserelektrolyse folgt in etwa Gleichung
für die Photolyse. Das
erforderliche Kohlenstoffdioxid kann prinzipiell der Luft entnommen
werden.
Besser wäre eine Prozessführung mit einer CO2-angereicherten
Massensubstanz,
wie es beispielsweise im Wasser der Kühltürme von
großen Kraftwerken bei
entsprechendem Chemikalienzusatz bzw. der Nutzung der Rauchgase dieser
Kraftwerke
oder auch im Meerwasser zu finden wäre. Die Nutzung
von konventionellen Kraftwerken
könnte insbesondere für eine
längere Zeit der Überführung der bisherigen
in
eine neue Energiewirtschaft von Bedeutung sein [3, 4]. Eine
Brennstoffzelle zur Rückverwandlung von Methanol in
elektrischen Strom folgt
in etwa folgender Bruttogleichung: CH3OH + 1,5 O2
ergibt
2 H2O + CO2
Als
Endprodukte erhält man Wasser und Kohlenstoffdioxid. Die
gleichen Endprodukte
erhält man bei direkter Verbrennung des Methanols als
Kraftstoff (Wärmetönung: delta H0
= - 725 kJ/Mol).
Bezüglich des Wassers hängt es von dessen
Menge und Temperatur ab, ob es
substantiell in die Atmosphäre eindringt und deshalb eine
Klimawirkung
einkalkuliert werden muss [5]. Gegebenenfalls kann man
sich in Bild 1 auch eine räumliche Aufspaltung zwischen
Gewinnung und
Speicherung vorstellen. Der Zwischenraum könnte beispielsweise
durch Mikrowellen
oder Laser überbrückt werden. Die Speicherung erfolgt
in jedem Fall verbrauchernah. 5
Energiewenden und Naturenergie Der Verlauf
der globalen wirtschaftlichen Evolution zeigt eindeutig an, dass der
relative
Anteil der Nutzung von Naturenergien schrittweise aufgegeben worden
ist. Fehlende
Energiedichte und Verfügbarkeit haben das bewirkt. Dieser
Vorgang ist
unumkehrbar. Erst jetzt, gegen Ende der globalen wirtschaftlichen
Evolution,
wie wir sie kennen, zeigt sich ein Umschwung an. Naturenergien gewinnen
wieder an
Bedeutung, allen voran die Sonne. Allerdings eben nicht in
ihrer weitgehend
unberührten Naturform, sondern in einer markanten
Entwicklungsstufe höher, als
kompliziertes und komplexes Eindringen in eine neue Welt der
Erschließung von
tiefer Materiebindungsenergie. Als einfache
naturbelassene Energie – in
bekannter konventioneller Form – erweisen sich heute
diese Energien immer nur
als eine additive Energie, niemals als alternative Energie,
die etwa bisherige
wirtschaftlich gebräuchliche Energien ablösen
könnte. Sie können damit
lediglich einen relativ kleinen, zeitlich sehr begrenzten
Zuwachs ermöglichen,
der insgesamt wirtschaftlich unbedeutend ist. Weiter
oben war angegeben worden, dass eine
Energiewende durch eine Richtungsänderung der
Energieintensität der Wirtschaft
charakterisiert ist. Selbstverständlich besteht ein
wichtiger Unterschied
darin, ob die Richtungsänderung nach oben oder nach unten
erfolgt. Sie erfolgt
jedes Mal nach unten, wenn ein neuer charakteristischer
Energieträger in
Erscheinung tritt
(„Haupt-Energiewende“). Es
handelt sich um die extensive
Phase seiner Wirkung: Allein durch den quantitativen Mehreinsatz dieses
neuen
Energieträgers wird ein Zuwachs an Wirtschaftsprodukt
generiert. An die
extensive Phase schließt sich in aller Regel eine intensive
Phase an
(„Zwischen-Energiewende“). Sie erfordert zeitweilig
wieder einen quantitativ
anwachsenden Energieeinsatz, um einen Zuwachs an Wirtschaftsprodukt zu
erzielen, bis schließlich wieder ein neuer
Energieträger die charakteristische
Rolle übernimmt. Damit kommt die periodische Ab- und
Aufbewegung der Energieintensität
der Wirtschaft zustande. Gegenwärtig
ist festzustellen, dass die extensive Phase des
charakteristischen Energieträgers elektrischer Strom zu Ende
geht. Strom
schickt sich an, in die intensive Phase einzutreten. Das
wäre dann folglich
zwangsläufig mit einem Anstieg der Energieintensität
der Wirtschaft in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten verbunden.
Auf diese Weise sollte es relativ
einfach sein, den hier vorgestellten Sachverhalt
überprüfen zu können. Die
Energiewende, an der speziell derzeit in Deutschland
herumexperimentiert wird,
ist in einem doppelten Sinn fragwürdig. Einmal, weil die
Energieintensität, die
man senken möchte, voraussichtlich erst einmal ansteigen wird.
Zum anderen,
weil der Nutzen, den man aus der Naturenergie ziehen möchte,
erst einmal einen
außerordentlich hohen Kapitalaufwand erfordern wird und
vermutlich nicht
im nationalen Alleingang bewältigt werden kann.
Und wenn man anfangs gar eine Sackgasse wählt, wird man das
Ziel überhaupt
nicht erreichen können, sondern muss umkehren 6
Umwelt und Energie Wenn
folglich weiterhin Wirtschaftswachstum als ein
erstrebenswertes Ziel verfolgt wird, muss auch der
wirtschaftlich
erforderliche Energieverbrauch anwachsen. Das
vermögen naturbelassene
Energien in der bisherigen Nutzungsweise generell nicht zu
leisten. Die
wirtschaftliche Verfügbarkeit großer Energiequellen,
vielleicht sogar einmal
quasi-unerschöpflicher Energiequellen, ist somit
grundlegende Voraussetzung
für die Entwicklung der Wirtschaft. Daran muss sich
letztlich auch die
Energiepolitik der Staaten, der regionalen
Wirtschaftsgemeinschaften und
schließlich der Vereinten Nationen orientieren. Nur dann
können Wohlstand, Kultur,
Bildung und Gesundheit für die wachsende Menschheit
gesichert werden – und
zugleich auch die erforderliche Grundlage für die
Bewahrung einer
lebenswerten Erde gesichert werden. Es ist ein beharrlicher
Irrglaube, dass
allein Naturprozesse in der Lage wären, die Erde zu
erhalten. Naturprozesse,
vor allem solche, die sich außerhalb des Erdbereichs und
damit unserer unmittelbaren
Gestaltungsmöglichkeit abspielen, werden im Selbstlauf immer
in eine
Katastrophe für das Leben auf der Erde münden. Nur
der Mensch wäre, wenn
überhaupt eine reale Chance besteht, in der Lage, solche
potentiellen Katastrophen
zu verhindern oder wenigstens zeitlich
hinauszuschieben. Das muss
man
begreifen, und zwar möglichst bald. Und was man materiell
mindestens dazu
braucht, um handlungsfähig zu sein, ist verfügbare
Energie. Sehr viel Energie.
Heute noch unvorstellbar viel Energie. Energieknappheit dagegen
lässt für die weitere
Zukunft keinen Gestaltungsraum. Literatur [1]
Brune, W.: Über wirtschaftliche
Reproduktion
und Evolution. Leipzig, 2005. ISBN 3-937350-10-1. [2]
Brune, W.: Die „andere“ Energiewende: Was kommt
nach dem Strom? Energiewirtschaftliche
Tagesfragen
61(2011),11, 15-17. [3] Olah, G.A., Goeppert, A.,
Surya Prakash, G.K.: Beyond oil and gas: the methanol economy.
Weinheim, Wiley
VCH, 2006. [4] Martin, F.J., Kubic, W.L.:
Green Freedom. A concept for producing carbon-neutral synthetic fuels
and
chemicals. Los Alamos National Laboratory, LA-UR-07-7897. (Patent
Pending) [5] Brune, W.: Physikalische Klimamodelle. Leipzig: EAGLE, 2014. ISBN 978-3-937219-71-4. Freigabe nur durch den Autor auf Antrag. Die Bezugnahme für eine eigene journalistische oder wissenschaftliche Arbeit wird ausdrücklich gestattet. |
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